Wie die rechtspopulistische Meute im Kampf gegen Dunja Hayali ihre wahren Feindbilder entlarvt:
Dialog, Vernunft und unsere Verfassung.
Zur schreienden Meute, die Hass, Rassismus und Morddrohungen ausspuckt will keiner dazugehören?
Na dann …
Einleitung
Empörung nach Drehbuch: Ein Satz im Fernsehen, eine Einordnung im Nachrichtenstudio, und die Welle rollt. Dunja Hayali wird beschimpft, bedroht, diffamiert – Morddrohungen inklusive. Nicht wegen dessen, was sie sagt, sondern einzig, weil SIE es sagt.
Die Mechanik ist so vorhersehbar wie brutal. Doch im Kern geht es nicht um eine Journalistin. Man konnte diese Mechanik auch schon bei dem Fall Frauke-Brosius-Gersdorf bestaunen.
Was die Meute dabei vergisst
Pegida: Gespräch trotz Anfeindungen
2014 und 2015 stand Hayali mit Mikrofon inmitten von Pegida-Demonstrationen. Sie wurde beschimpft, bedroht, angeschrien – und blieb trotzdem im Gespräch. Während andere Medienvertreter die Menge aus sicherer Distanz betrachteten, stellte sie sich dem direkten Schlagabtausch. Damit gab sie genau den Menschen Gehör, die sonst beklagten, „niemand höre uns“.
Hayali nutzte ihre späteren Formate, um den Dialog weiterzutragen:
Im ZDF-Morgenmagazin wurde sie über Jahre als nüchterne Fragestellerin bekannt.
In der Sommerreihe „dunja hayali“ (2015–2021) holte sie Politiker:innen, Bürger:innen und Kritiker:innen auf Marktplätze. AfD-Wähler, konservative Stimmen, Unzufriedene – alle bekamen Redezeit.
In Interviews und Dokus sprach sie über Integration, Rassismus, Polizei oder Sport – immer mit dem Anspruch, auch konservative Milieus einzubeziehen, die sich „nicht mehr vertreten“ fühlten.
Zwischenbemerkung aus der Vergangenheit
Unvergessen die Szene, als Hayali auf einer PEGIDA-Demo einer älteren Frau mit Kerze begegnete. Mitten in der lärmenden Menge wirkte sie fast fehl am Platz. Auf die Frage, warum sie hier sei, antwortete sie (sinngemäß) leise:
„Ich bin unsicher mit der heutigen Lage. Das Geschrei mag ich nicht. Aber wo sonst kann ich meine Stimme erheben?“
Das sollten sich vielleicht alle einmal zu Gemüte führen. Denn in all dem Geschrei gehen die normalen Stimmen unter.
Die Absurdität³
Absurdität 1: Sie war eine der wenigen im öffentlich-rechtlichen Umfeld, die konservativen und unzufriedenen Stimmen einen Platz jenseits der Extreme bot. Sie ging und geht dahin, wo es wehtut.
Absurdität 3: Genau damit konnte sie auch „linken Blasen“ mehr Luft einhauchen. Nämlich zu erkennen, dass es mehr als schwarz und weiß gibt. Nämlich durchaus erkennbare Sorgen aus der Bevölkerung und Schieflagen, die man ernst nehmen muss.
Absurdität 3: Während die Meute den Begriff „Lügenpresse“ als Schlachtruf führt, inszeniert sie selbst das, was sie den Medien vorwirft – Verkürzung, Fälschung, Verzerrung und Verdrehung.
Ausgerechnet diese Offenheit machte sie nämlich zur Projektionsfläche. Rechte Medien und Social-Media-Kanäle stempelten sie bald als „linksgrün versifft“, „Staatsjournalistin“ oder „Systempresse“ ab. Ihr irakischer Familienhintergrund und ihre klare Haltung gegen (!) Rassismus und Sexismus verstärkten den Hass.
Damit tut die Meute genau das, was von ihr lauthals kritisiert wurde und dabei hängen sie selbst willig am Schmutzsieb von rechtspopulistischen Desinformationsschleudern.
Ätzende Blödmaschinen, die scheinbar die letzte Vernunft aus den Hirnen spülen und die letzten Hemmschwellen wegschleudern.
Diese digitalen Hetzmaschinen konsumiert niemand?
Na dann …
Das Paradox der Unwidersprochenheit
Rechtspopulisten reklamieren seit Jahren die Verteidigung der Meinungsfreiheit für sich. „Andersdenkende“ sollen geschützt werden – so die Parole. Die Praxis zeigt allerdings das Gegenteil: Gemeint ist nicht Vielfalt, sondern Unwidersprochenheit.
Dunja Hayali verkörpert dieses Paradox:
Sie hörte zu, ließ konservative Stimmen reden, stellte kritische Fragen. Sie war bereit, die Unzufriedenheit vieler Menschen sichtbar zu machen. Doch sie tat dies nie neutral im Sinne von „alles gleich gültig“. Ihre Haltung blieb unverrückbar: pro Grundgesetz, pro Menschenwürde, pro Demokratie.
Genau darin liegt die Unvereinbarkeit.
Für eine Szene, die auf Ausschließlichkeit und ideologische Deutungshoheit setzt, bedeutet Widerspruch nicht Diskurs, sondern Machtverlust. Wer widerspricht, wird nicht als legitime Stimme gesehen, sondern als Gegner. Hayali war somit in doppelter Hinsicht für die schreiende Meute unerträglich: Sie gab Raum, ohne die Regeln der Demokratie preiszugeben.
Das Ergebnis ist das Paradox:
Ausgerechnet jene, die den Schutz für „Andersdenkende“ einfordern, entlarven sich, indem sie Normaldenkende wie Hayali mit Hass und Morddrohungen überziehen.
Das Echo der Leere
Schon bei den Straßeninterviews von Pegida zeigte sich, wie wenig Substanz viele Parolen hatten. Wiederholungsschleifen vom Stammtisch, die im Licht der Kamera nicht wie „Andersdenken“, sondern wie stumpfes Wiederkäuen wirkten – und dabei in direktem Widerspruch zu den Grundrechten standen.
Hayali musste das oftmals nicht kommentieren, sie musste nur fragen. Der Spiegel reichte, um Leere hörbar zu machen. Es mag natürlich sein, dass manchen Leute mit ihrem eigenen Anlitz nicht umgehen können …
Die Rolle rechter Plattformen: Vom Zitat zur Hetzfolie
Rechtspopulistische Agitation lebt nicht nur von Lautstärke auf der Straße, sondern längst von digitalen Echokammern. Plattformen und Kanäle, die sich als „alternativ“ oder „systemkritisch“ inszenieren, arbeiten mit immer gleichen Mechanismen:
Verkürzung: Aussagen werden auf den Teil reduziert, der ins eigene Weltbild passt. Wenn Hayali Gewalt ebenso verurteilt wie Rassismus, wird letzteres betont, ersteres weggelassen.
Rahmung: Der Ausschnitt erhält ein Etikett – „linksgrüne Medien“, „Staatsfernsehen“, „Propaganda“. Der Kontext verschwindet, der Frame bleibt.
Repetition: Durch zahllose Reposts, Clips und Memes wird aus einem verkürzten Satz ein „Beweis“. Je öfter wiederholt, desto stärker verankert.
Absurdität im Fall Kirk
Im heute journal ordnete Hayali das Attentat und Tun von Charlie Kirk ein. Verbunden mit der dystopischen Frage:
„Wohin soll das noch führen?“
Hayali hatte betont, dass dessen Tod nicht zu rechtfertigen sei – auch nicht mit seinen oftmals rassistischen, sexistischen oder queerfeindlichen Aussagen. Sie versuchte, einzuordnen, dass Kirk mit seinen extremen Positionen eine große Anhängerschaft mobilisierte, aber auch Gegenreaktionen provozierte.
Keine Übertreibung, keine Zuspitzung – sondern Fakten, die belegbar sind – und die jetzt spürbar sind. Genau das reichte, um eine Hetzwelle auszulösen.
Das zeigt die Dystopie der Mechanik:
Heute genügt längst ein Zitat von Kirk selbst, um die Meute eskalieren zu lassen. Nicht weil es falsch wäre, sondern weil es wahr ist. Sobald diese Wahrheit ausgesprochen wird, verliert die Szene die Deutungshoheit. Sie müsste sich gegen ihr eigenes Tun stellen.
Der wahre Endgegner: Das Grundgesetz
Hayali ist letztlich nur Stellvertreterin. Der eigentliche Gegner der rechten Meute ist das Grundgesetz.
Das Grundgesetz schützt jede Stimme, jede Meinung, jede Würde. Aber es schützt auch die Gegenseite. Es garantiert Meinungsfreiheit, aber nicht Unwidersprochenheit. Es erlaubt Rede, aber auch Gegenrede. Genau hier liegt der Kern des Konflikts: Was die Rechten als „linksgrüne Dominanz“ brandmarken, ist nichts anderes als die Anwendung der Verfassung. Hier kann es keine Neutralität gegenüber Hass, Gewalt, Rassismus und Morddrohungen geben.
Dunja Hayali erinnert mit ihrer Arbeit an diese Haltung: zu hören, zu widersprechen, zu schützen. Dass sie dafür zum Feindbild wird, zeigt: Nicht sie ist das Problem, sondern die Ablehnung einer Ordnung, die Vielfalt zulässt.
Epilog
Scheinbar überschlagen sich gerade wieder die Ereignisse, die die Zerstörung demokratischer Ordnung vorantreiben oder sie unterstützen.
NDR, Ruhs, Linnemann und die Gebühren
Wie diese Mechanik auch im politischen Raum wirkt, zeigt aktuell der Fall Julia Ruhs. Man kann geteilter Meinung über ihre Intention sein und ob der NDR hier korrekt gehandelt hat, aber nachdem der NDR sie aus dem Format „Klar“ herausnahm (Update: NDR trennte sich von Ruhs, beim BR macht sie weiter), nutzte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann den Moment, um populistische Forderungen rauszuhauen. Man soll darüber nachdenken, die Erhöhung des Rundfunkbeitrags einzufrieren.
Offiziell begründet mit der Notwendigkeit von Reformen, aber eingebettet in die Erzählung, dass konservative Stimmen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu wenig Raum hätten. Dabei sieht’s in der Medienlandschaft völlig anders aus.
Von sicher notwendigen Reformen beim ÖR abgesehen, damit Bürger:innen vielleicht etwas sparen könnten, so wird aus einer internen Personalentscheidung ein Hebel, um den gesamten Rundfunk unter Druck zu setzen, um eine politische Agenda zu forcieren.
Das Muster ist bekannt: Kritik an Inhalten dient als Vorwand, um Strukturen und Finanzierung in Frage zu stellen – und am Ende mehr Deutungshoheit über das, was gesendet wird, zu gewinnen.
Welch Scheinheiligkeit…
Wo sind eigentlich die nötigen Reaktionen aus der konservativen Ecke, im Bezug auf Morddrohungen gegenüber Journalist:innen und vielen anderen Personen aus der Öffentlichkeit?
America Help
Aktuell liest man, Trump plane „die Antifa“ als terroristische Organisation einstufen zu lassen.
Also eine „antifaschistische Bewegung“ wird zum Feind der amerikanischen Demokratie erklärt. Und das findet auch noch Zustimmung.
Bittere Realsatire … aber eben nicht zum Lachen.
Wie es scheint, hat die Meute in DE auch ihre neuen Anführer gefunden. Man holt sich vermehrt Hilfe in den USA.
Wer weiß, vielleicht befreit uns die USA zweimal: einmal aus der Herrschaft der Nazis und einmal aus der Herrschaft der Demokratie.
Herrschaften… bitte aufwachen!

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